Der „Ehevertrag“ – ein ungeliebtes Thema für Paare

Ehevertrag

Für die meisten ist es schwierig, den Begriff „Vertrag“ mit einer Paarbeziehung in Verbindung zu bringen. Das eine klingt hart und rational, das andere irgendwie lebendig, wachsend und gefühlvoll. Und doch hat ja beides seinen Platz in der Verbindung von Menschen. In dem Moment, wo wir uns „auf einen anderen Menschen beziehen“ und auch perspektivisch emotional und ja auch anderweitig mit Zeit und Ressourcen in die Beziehung investieren, da werden auch Erwartungen und Motivationen aktiv. Es ist sinnvoll, sich die für sich selbst klarzumachen und irgendwann dann auch mit dem Partner / der Partnerin explizit zu besprechen. Es ist offensichtlich, dass hier stets vieles im Fluss ist und nicht alles das letzte Wort ist, aber ein Gespräch sollte man hier nicht scheuen.

Jede Beziehung folgt bestimmten Regeln. Jedes Paar definiert diese mehr oder weniger für sich selbst. Die meisten Beziehungen beruhen auf bestimmten geteilten Werten, Erwartungen und Annahmen. Oftmals sind diese implizit, also nicht offen besprochen.

Ein Beispiel für eine solche Regel ist die oftmals wichtige und gleichzeitig oft selten besprochene Annahme der Monogamie. Selten ist geklärt, was damit eigentlich gemeint ist und wo die Schmerzpunkte des/der jeweils anderen eigentlich liegen und wie das Paar damit umgehen möchte. Aber das ist nur ein Punkt von vielen. Andere Fragen können sein: was ist uns in der Beziehung wichtig? Wozu dient unsere Beziehung? Was macht sie aus, was ist deren Kern? Auch: was hilft du mir zu heilen? Was helfe ich dir zu heilen? Und: Wie gehen wir damit um, wenn sich die Beziehung verändert?

Sich immer mal wieder über solche Fragen gemeinsam zu besprechen, stärkt die Verbindung, auch wenn man sich eventuell nicht immer komplett einig ist. Gerade der gute Umgang mit Uneinigkeit ist ein wichtiger Indikator für das Funktionieren der Beziehung.

Diese und andere implizite Vereinbarungen werden ergänzt durch die sichtbaren expliziten Vereinbarungen, ganz klassisch die Ehe.

Aber auch hier wird selten über die gesetzlichen Ehefolgen gesprochen. Diese umfassen Regelungen zur Vermögensbildung, zum Umgang mit Einkommen, zur Altersvorsorge, zum Erbe und anderem sind gesetzlich geregelt, können zum großen Teil aber auch selbst anders beschlossen werden. Denn diese automatischen Regelungen müssen nicht unbedingt für jedes Paar passen. Sie orientieren sich noch immer oftmals an einem Familienbild aus den 60er Jahren und sollten überprüft werden.

Vieles wird mit der Eheschließung automatisch geregelt, manches nicht. Ein wichtiger ungeregelter ist beispielsweise der Komplex der Patientenverfügung und der Vorsorgevollmacht. Was soll im Falle der Krankheit gelten? Haben sich die Partner über Vorstellungen zum Sterbeprozess ausgetauscht?

Auch hier wird oftmals die ernsthafte und eingehende Diskussion gescheut. Es ist aber durchaus sinnvoll, sich mit dem Menschen, der mir am nächsten steht, darüber auszutauschen. Wir beziehen uns ja doch aufeinander. Wir sollten voneinander wissen, wie wir zu diesen Themen stehen, um uns gegenseitig unterstützen zu können.

Manche Dinge, z.B. Überlegungen für den Fall der Trennung, bedürfen dann tatsächlich einer Regelung in einem rechtlichen Ehevertrag, der unter Umständen dann auch notariell beglaubigt werden sollte.

Es ist meine Überzeugung, dass diese verschiedenen impliziten und expliziten Themen miteinander zu tun haben. Ich möchte dazu ermutigen, sich darüber Gedanken zu machen und das Gespräch zu suchen. An dessen Ende kann eine rechtliche Vereinbarung über bestimmte Dinge stehen, muss es aber nicht. In jedem Fall liegt hier die Chance, das Beziehungsband zu stärken und zu festigen.

In meiner Beratung begleite ich Paare in diesen unterschiedlichen Fragen. Dabei finden sie heraus, wie sie ihre eigene Beziehung eigentlich gestalten wollen. Letztlich lernen sie sich dabei besser kennen und entscheiden sich dann immer wieder bewusst füreinander.

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