Auf Netflix ist seit diesem Freitag, 06.12.2019, der Film „Marriage Story“ mit Scarlett Johannson und Adam Driver verfügbar. Darin wird das Auseinandergehen einer Beziehung beleuchtet. Die Handlung stellt dar, wie sich eine Dynamik entwickelt, die letztlich zu schweren Verletzungen aller Beteiligten, insbesondere auch des Kindes, führt.
Spannend ist insbesondere die Rolle des Rechts. Zwar geht es hier um amerikanisches Recht, doch die zugrundeliegende Dynamik ist dieselbe. Sobald eine der Parteien beginnt, taktisch im Sinne einer kurzfristigen Gewinnmaximierung zu denken, ist der Kampf vorprogrammiert. Das Paar verlässt den Weg der einvernehmlichen Trennung und Lösungssuche und wird konfrontativ. Dies wird hier eindrücklich dargestellt: die Anwältin der Frau ist kampfeslustig und verfolgt hier auch teilweise eine eigene Agenda („Ich will den Rechtsstreit gewinnen“). Der Wohnort des Kindes wird manipuliert, um im folgenden Sorgerechtsverfahren die besseren Karten zu haben. Der Umgang des Vaters mit dem Kind wird erschwert. Die Mutter zieht mit dem Kind von New York nach Los Angeles. Der Vater wird zunächst von einem realistischen, eher vermittelnd orientierten Anwalt vertreten, kehrt aber dann erzwungenermaßen zu dem zunächst von ihm selbst abgelehnten „harten Hund“ zurück. Die Schlammschlacht nimmt ihren Lauf.
Die besten Sätze stammen dann auch von dem alten Anwalt des Mannes: „Wenn all das hier vorbei ist, müssen Sie doch miteinander die Sache („das Elternsein“) regeln.“ „Mit diesen Gerichtsverfahren verbrennen Sie Geld, das Sie lieber für die Ausbildung Ihres Kindes anlegen sollten.“
In einer eindrücklichen Szene nach der Gerichtsverhandlung stehen sich die beiden Menschen, das ehemalige Paar, hilflos und weinend gegenüber.
Neben der Konfliktdynamik ist es auch spannend zu sehen, wie diffus der Grund für die Trennung bleibt. Es scheint die Frau zu sein, die mit ihrem Leben unzufrieden ist und dieses ändern möchte. Anstatt jedoch diese Veränderung innerhalb der Beziehung zu suchen, wendet sie sich ab und gibt ihrem Partner die Schuld. Ähnliches passiert in vielen Ehen und langjährigen Beziehungen. Die Paartherapeutin Esther Perel schreibt dazu zum Beispiel folgendes: „Sie werden in Ihrem Leben mehrere Ehen führen. Hoffentlich mit derselben Person.“ Und: „Es ist nicht so sehr, dass Sie von Ihrem Partner wegwollen, es ist vielmehr so, dass Sie von dem Menschen wegwollen, zu dem Sie selbst geworden sind.“ Beides wird in der Figur der Ehefrau deutlich. Es beginnt ein Kampf im Außen, in den letztlich auch das Kind hineingezogen wird. Beide Ehepartner verstricken sich immer mehr in dem Kampf mit dem anderen und verlieren ihre eigentlichen Ziele aus den Augen.
Der Film ist insgesamt traurig, bietet aber reichlich Diskussionsstoff, weshalb es gut ist, ihn mit Partner*in anzuschauen oder auch mit Freunden. Leider ist noch immer die Meinung verbreitet, dass die Lösung im Familienrecht liegt. Hier gibt es aber zahlreiche systembedingte Begrenzungen. Das Hinzuholen weiterer „Fachleute“ macht die Dynamik unübersichtlich. Das Paar selbst verliert an Entscheidungsmacht (wunderbar im Film auch die beteiligte psychologische Gutachterin).
Eine Möglichkeit, solche Paardynamiken frühzeitig zu erkennen und eigenverantwortlich damit umzugehen, ist die Paarberatung und Beziehungsarbeit. Je besser der Kommunikation auch über schwierige Themen geübt und bereits vorbereitet ist, desto eher können Veränderungen der Menschen innerhalb der Beziehung besprochen werden. Das macht es dann einfacher, die Paarbeziehung entsprechend anzupassen, ohne sie gleich beenden zu müssen. Der letzte Ausweg, das Zerreißen der Beziehung, um sich selbst wieder „frei“ zu fühlen, ist dann weniger wahrscheinlich. Die beteiligten Professionen können Hilfestellung geben, aber letztlich ist der Wille zur Selbstreflexion entscheidend für einen guten Umgang mit dem eigenen Leben.
„A Marriage Story“ auf Netflix.
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